Periodische Katatonie
"Aufteilung der endogenen Psychosen und ihre differenzierte Atiologie"
Karl Leonhard
Georg Thieme Verlag, 8. Auflage, 2003
p. 109-118
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Zusammenfassung
Die periodische Katatonie verläuft in hyperkinetischen und akinetischen Zuständen. Selten sind diese aber in reiner Form gegeben, vielmehr sind meist Symptome, die dem anderen Pol angehören, beigemischt. Die Hyperkinese bekommt durch Beimengung akinetischer Züge eine gewisse Starrheit. Die Bewegungen laufen steif und ruckartig ab, die natürliche Harmonie geht verloren. Durch diese Abänderung der Abläufe geht großenteils auch der Sinn, der ihnen ursprünglich zugrunde liegt, verloren. Reaktivbewegungen sind teilweise nicht mehr als solche zu erkennen; mehr noch verlieren die Ausdrucksbewegungen ihren sinnvollen Inhalt. Aus Gesten werden unbestimmte ausfahrende Bewegungen, aus Mienen Grimassen. Durch diese Züge, die die Bewegungen gegen natürliche Bewegungen abändern, wird die Erregung der periodischen Katatonien zu einer parakinetischen. Noch eindeutiger erkennt man das Hereinwirken des Gegenpols bei der Akinese. Es kann trotz einer allgemeinen Starrheit der Haltung und Mimik eine zwecklose Bewegung einer Extremität erfolgen, die dann meist einförmig wird, teils stereotyp, teils sogar iterativ. Auch Haltungsstereotypien kommen auf diese Weise zustande, indem trotz der Bewegungsverarmung doch bestimmte Haltungen immer wieder aktiv eingenommen werden. In anderer Form mischen sich der Akinese hyperkinetische Züge bei, wenn es aus der Bewegungsarmunt heraus zu impulsiven Handlungen kommt, die häufig mit Aggressivität verbunden sind. Ferner zeigen manche antriebsarme Patienten plötzliche Ausbrüche von übertriebenem Lachen. Auch ein negativistisches Verhalten deutet in der Akinese auf Beimengung einer motorischen Tendenz hin.
Nach den akuten katatonien Schüben kommt es regelmäßig zu Remissionen. Hyperkinetische Zustände haben sogar eine relativ gute Prognose, indem auch nach mehreren Krankheitsanfällen gelegentlich nur geringe Defekte bestehen. Nach Akinesen kommt es schneller zu bleibenden Defekten. Sind die Defekte nur leichter Art, dann eigen sie sich in einer allgemeinen Lahmheit, die vorwiegend psychomotorisch ist, aber die Affektivität auch beteiligt. Bei schweren Graden kann man von einer Stumpfheit sprechen. In jedem Fall kann eine Reizbarkeit bestehen, die leicht zu Aggressionen führt. Auch im Endzustand sieht man meist Symptome aus beiden Polen der Krankheit nebeneinander. Man findet neben der Antriebsarmut grimassierende Gesichtsbewegungen, impulsives Handeln, manchmal auch eine sprachliche Impulsivität, aus der ein Vorbeireden entstehen kann.
In leichteren Graden kann die Krankheit vorübergehend das Bild einer Motilitätspsychose nachahmen. Auch zu anderen vielgestaltigen phasischen Psychosen sowie den beiden anderen unsystematischen Schizophrenien können im Zustandsbild Beziehungen auftreten.